Welchen Journalismus braucht Südhessen?

Welchen Journalismus braucht Südhessen? Das fragten die Ortsverbände Darmstadt von dju und DJV angesichts des Verkaufs des Verlags des „Darmstädter Echo“ an die Verlagsgruppe Rhein-Main. Gemeinsam mit dem Presseclub hatten sie für den 28. März Diskutanten aus lokaler Kultur, Politik und Sport zu einer Podiumsdiskussion in die Kunsthalle Darmstadt eingeladen.
Das Thema bewegt offenbar viele aus Darmstadt und Region: Rund 150 Bürgerinnen und Bürger fanden sich ein, um zu hören, was aus „ihrem“ Echo wird. Das Echo ist schließlich seit fast siebzig Jahren für viele ein bisher lebenslanger Begleiter und wird nun seine Selbständigkeit verlieren. 180 von rund 350 Beschäftigten, darunter auch vielen Redakteurinnen und Redakteure, wurden bereits vor dem Verkauf im Rahmen einer „Sanierungsmaßnahme“ gekündigt.
Die Podiumsteilnehmer waren sich weitgehend einig darin, dass der Verlust von Eigenständigkeit und redaktionellen Ressourcen zu schweren Einbußen für die Berichterstattung aus Stadt und Region führen könnte. Ob die bisher intensive Berichterstattung bis hinein in die Ortsbeiräte von den neuen Eigentümern aus Mainz gewährleistet werde, sei fraglich. Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) sprach von der Gefahr, dass die Funktion der Presse als Vierte Gewalt in Darmstadt verloren gehen könne. Bisher hätten die Bürgerinnen und Bürger die „großen Debatten über Wirtschaft, Politik und Kultur der Region“ durch die Berichterstattung und Kommentierung der Echo-Zeitungen nachvollziehen und begleiten können. Über die großen Darmstädter Unternehmen wie Merck und T-Online könne mit regionalem Bezug nur schreiben, wer nahe dran sei.
Auch der Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Wilkes (CDU) warnte vor dem Verlust von Meinungsvielfalt am Ort. „Ohne die ortsnahe Zeitung geht lebendige Demokratie in den Gemeinden und im Stadtteil verloren“. Wilkes zeigte sich ratlos darüber, weshalb das Echo in eine so prekäre Lage geraten konnte: „Warum passiert das in einem der stärksten Wirtschaftsräume Europas, in dem es viele prosperierende Unternehmen, aber kaum Arbeitslosigkeit gibt?“
Jonas Zipf, Schauspieldirektor des Staatstheaters Darmstadt, nannte denn auch den Echo-Verkauf eine „Bankrotterklärung“. Er wundere sich aber, dass die Bürgerinnen und Bürger aus der Region sich nicht schon längst für den Erhalt eines unabhängigen Darmstädter Echos eingesetzt hätten. Und versuchte gleich eine Antwort auf seine Frage zu geben: „Offenbar verhindert die scheinbar unaufhaltsame Naturgewalt der digitalen Medienwelt die aktive Solidarität der Bürgergesellschaft für ihre lokalen Medien.“
Da niemand glaubte, die Entwicklung rückgängig machen zu können, führte die Diskussion auch zu der Frage, ob nicht Stiftungen, Genossenschafter oder öffentlich-rechtliche Lösungen besser als klassische Verleger geeignet wären, die Pressevielfalt zu erhalten – egal ab gedruckt oder digital. Darüber wird weiter zu reden sein.